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Auszug aus Hörbuch „Zufallsrauschen“

„Verrückt, wie die Dinge manchmal laufen.“
Zwei am Fenster im Café. Sie, Lea, aufgekratzt und langhälsig, er bemüht und duldend. Sein Name war unwichtig. 
Erik.
Erik nickte versichernd. „Ja. Absolut verrückt.“ Er bestellte sich den kleinsten Decaf den es gab, und er war nussig. 
„Die Tür hinter der Tür, Erik, löste sich in Gassen auf. Es war völlig klar, ich wusste: Wenn ich aufhöre mich zu bewegen, sterbe ich. Ich sitze da in alten Zügen, ich suche in Spiegeln nach der Antwort.“ Sie machte ein wichtiges Zungengeräusch. „Mir war klar: Entweder ich verlier’ meinen Verstand, oder ich finde ihn. Herber Kontrast, mh? Oder? Ich will also gerade durch die Tür  da — Schnitt, bumm — wach’ ich einfach auf!“ 
Klang sie empört? Sie klang empört. Sollte er auch empört sein?
„Ja, wirklich unfassbar.“
Auch ohne Blick auf Handy oder Pulsuhr wusste er, dass kaum mehr als zehn Minuten vergangen waren. Lea kratzte sich am Unterarm und träumte mit gut befeuchteten Pupillen aus dem Fenster. Wieder Regen. 

„In Schworni“

Mein Umzug nach Schworni kam für viele unvermittelt. Für mich weniger, als für meine Familie. 
Es war der Tag auf dem Balkon, recht heiß, vermutlich Juli oder einer dieser pervers geheizten Juni-Tagen, die wir in den letzten Jahren häufig hatten, als ich entschied: Schluss. Schluss damit. Aus und Vorbei mit dem Kauern auf dem dummen Kniestuhl, der meinen Rücken stützen und die Hüfte stärken sollte, finito mit dem pacmanhaften Mampf von Medis Schrägstrich Vitaminen, basta mit den Pilatesposen und dem Mittagsstretching. Es war Zeit. Sich klarzumachen nämlich, dass es so nicht weiter ging. Da war dieser kleine ferne Schauer, der in meiner Lendengegend saß, was mein Geistiger-Gesundheitsberater (wohl ein Psychologe?) als klassisch freudsch einstufte, wenn man mich fragt aber einfach nur Hormonstau war.